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Neue Einsatzgebiete für vorhandene Medikamente


Prof. Dr. Jan Baumbach (l.) und Prof. Dr. Kay Grünewald wirken mit ihren Arbeitsgruppen am EU-geförderten Projekt REPO4EU mit. Foto: Privat und (c) DESY/Meyer

Mittwoch, 07.09.2022

Medikamente werden meist zur Behandlung einer spezifischen Erkrankung zugelassen. Doch oft stellen sich später weitere Einsatzgebiete heraus. Um die sogenannte Umnutzung effizienter zu gestalten, soll im Rahmen eines EU-Projektes eine umfassende vernetzende Plattform aufgebaut werden. Zwei Wissenschaftler der Universität Hamburg und deren Teams sind an dem Vorhaben beteiligt.

Die Umnutzung von Medikamenten, das sogenannte Repurposing, ist schon heute ein häufiges Phänomen: Ein Wirkstoff ist zugelassen und zeigt sich später auch hoch effektiv gegen andere Krankheiten. In vielen Fällen werden sogar explizit bekannte Medikamente auf ihre Wirksamkeit gegen weitere Krankheiten getestet, etwa bei der Suche nach einem Medikament gegen das Coronavirus. Vorteile sind unter anderem, dass die Wirkstoffe bereits auf Verträglichkeit getestet wurden und auch die Herstellung bzw. Beschaffung einfacher ist.

Die Beteiligten des Projekts „Precision drug repurposing for Europe and the world” (REPO4EU) wollen den Findungsprozess von neuen Wirkstoff-Einsatzmöglichkeiten durch eine Vernetzung von experimentellen, neuartigen daten-analytischen sowie klinischen Zugängen effizienter und einfacher gestalten. Von der Universität Hamburg sind Prof. Dr. Jan Baumbach und Prof. Dr. Kay Grünewald an dem Großprojekt beteiligt. Sie erhalten für ihre Forschung im Rahmen des Projekts insgesamt rund 970.000 Euro.

Die UHH-Projekte im Detail

Jan Baumbach ist Professor für computergestützte Systembiologie am Fachbereich Informatik der Universität Hamburg. Gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe wird er vor allem an der technischen Gestaltung der RePo4EU-Plattform mitarbeiten. Denn die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben bereits zahlreiche Anwendungen für die biomedizinische Informatik entworfen. Dabei ging es zum Beispiel um die Analyse und Visualisierung von Daten, die Identifizierung von wichtigen Markern für die therapeutische Entscheidungsfindung auf Basis Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen oder die Integration sogenannter Multi-omics-Daten – also zum Genom, zum Mikrobiom, zum Epigenom – in biomolekulare Netzwerke. Im Repo4EU-Projekt wird ein wichtiger Fokus auf einem datengestützten sowie einem auf Computersimulationen gestützten Repurposing von Arzneimitteln liegen.

Prof. Dr. Kay Grünewald leitet die Arbeitsgruppe „Strukturelle Zellbiologie der Viren“ am Centre for Structural Systems Biology (CSSB). Die Forschenden verfolgen einen integrativen strukturbiologischen Ansatz, bei dem ihre Expertise in der Kryo-Elektronenmikroskopie und Kryo-Elektronentomographie mit komplementären Ansätzen kombiniert wird. So können sie auf molekularer Ebene untersuchen, wie Viren und ihre Wirte miteinander interagieren und welche grundlegenden Mechanismen die Beziehung zwischen Struktur und Funktion der Moleküle ausmachen. Im REPO4EU-Konsortium wird die Arbeitsgruppe hauptsächlich daran arbeiten, die durch Computer-Methoden vorhergesagten Möglichkeiten einer Wirkstoff-Umnutzung in der Praxis zu bestätigen. Dabei werden Effekte bei zellulären Infektionen mit Herpesviren im Mittelpunkt der Analysen stehen, da diese Modelle für die medizinische Anwendung sehr relevant sind.

28 Einrichtungen, zehn Länder, 23 Millionen Euro

In den kommenden sieben Jahren werden Baumbach und Grünewald mit Kolleginnen und Kollegen aus 28 Einrichtungen und zehn Ländern daran arbeiten, diese umfassende EU-weite Infrastruktur für die Umnutzung von Medikamenten aufzubauen. Das im Rahmen des EU-Programms „Horizon“ geförderte Projekt erhält dafür insgesamt fast 23 Millionen Euro. Es soll nicht nur eine Datenbank zu bestehenden Medikamenten und Wirkstoffen entstehen, sondern auch ein Netzwerk von Expertinnen und Experten zu allen Schritten der Medikamentenzulassung.

Text: Original von A. Priebe (UHH)

Der Leibniz ScienceCampus InterACt gratuliert herzlich Prof. Baumbach und Prof. Kay Grünewald zu diesem Projekt.